Mein Papa hatte bei den Vorbereitungen zu unserem Trip nach Travemünde über Sächsische Schweiz und Lausitz einige Broschüren von meinen Messebesuchen gewälzt. Dabei entdeckte er die Kirnitzschtalbahn. Da wir beide Modellbahner und etwas Eisenbahn vernarrt sind, wollten wir uns die Fahrt mit der historischen Straßenbahn natürlich nicht entgehen lassen.
Zwischen Bad Schandau und Lichtenhainer Wasserfall entlang der Kirnitzsch
Die Kirnitzschtalbahn wird von der OVPS (Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz mbH) betrieben. Da die Gesellschaft nur eine Linie hat, gilt sie als einer der kleinsten Straßenbahnbetriebe Deutschlands. Zudem ist es die einzige Linie, die in einem Nationalpark fährt und keine Liniennummer besitzt. Seit 1898 transportiert sie Wanderer, Touristen und Kurgäste zwischen Bad Schandau und Lichtenhainer Wasserfall. Acht Kilometer begleitet die meterspurige Bahn dabei das Flüsschen Kirnitzsch. Auf der Strecke bekommt man schon einen sehr guten Eindruck von der bizarren Felsenlandschaft des Elbsandsteingebirges. Wem das noch nicht genug ist, der erkundet die vielen Wanderwege zu Aussichten und Felsformationen wie Schrammsteine, Affensteine oder Kuhstall. Wenn man den Bus weiter nach Hinterhermsdorf nimmt, kann man dort noch eine gemütliche Kahnfahrt auf der Oberen Schleuse unternehmen.
In gediegener Atmosphäre durch das Elbsandsteingebirge
Zusammen mit dem Verein „Freunde des Eisenbahnwesens e.V.“ erhält die OVPS den Betrieb der historischen Bahn aufrecht. Es gibt vier Fahrzeuge auf der Strecke: HTw 5 und HBw 12 (Baujahr 1928) original Kirnitzschtalbahn, HTw 8 (Baujahr 1938) ex Lockwitztalbahn ex Erfurter Straßenbahn und HTw 9 (Baujahr 1926) ex Lockwitztalbahn. Sie wurden beim Hochwasser 2010 beschädigt, aber zwischenzeitlich wieder liebevoll hergerichtet. Auch Steinschlag oder Erdrutsche gefährden die traditionsreiche Bahn immer wieder. 30 Minuten dauert die einfache Fahrt ungefähr, begleitet von einem Schaffner, bei dem Sie den Fahrpreis begleichen können. Die Bahn hat wirklich Charme, denn es rumpelt und rüttelt ordentlich.
Spannende Momente zwischen Gleisen und Weichen – Sicher dank Schaffner
Zwischen den sechs Haltestellen (Waldhäusel, Ostrauer Mühle, Forsthaus, Mittelndorfer Mühle, Flößersteig, Beuthenfall) ist Abwechslung geboten. Immer wieder fiebern die Passagiere mit, ob der Verkehr oder die Radfahrer sich noch retten können, wenn die Straßenbahn auf sie zusteuert. Nur an zwei Stellen können sich die Wagen begegnen (Depotweiche sowie Schneiderweiche zwischen Forsthaus und Nasser Grund), ansonsten herrscht Einbahnverkehr. Die Autos müssen entweder vor bzw. hinter der Bimmelbahn warten oder auf der kurvigen Straße eine Möglichkeit zum Passieren finden. Oft wird es eng, aber die Schaffner haben die Strecke wirklich sehr sicher im Griff. Von den früheren zahlreichen Entgleisungen ist nichts mehr zu spüren. Die Autofahrer müssen sich einfach an die ungewöhnliche Seitenlage der Gleise auf der Straße gewöhnen.
Verfall zwischen Wasserfällen – Lost Places Fotografen hätten hier ihren Spaß
Zwei Wasserfälle säumen den Streckenverlauf, wobei der Lichtenhainer Wasserfall der bekanntere ist. Er wurde künstlich angelegt, über fünf Meter hohe Sandsteinstufen plätschert das Wasser in die Tiefe. Der Beuthenfall wirkt verwaist, die Gebäude verfallen, man sieht fast niemanden dort durch den Zaun schauen. Es gibt noch weitere Gebäude unterwegs, die anscheinend dem Verfall überlassen werden, was aber einen ganz eigenen Eindruck zaubert.
Kirnitzschtalfest – Historie und Unterhaltung auf acht Kilometern Länge
Bei unserem Besuch fand gerade das Kirnitzschtalfest statt. An allen Haltestellen wurde Programm geboten. Zudem gab es gelegentlich kostenlose Fahrten zum Depot, das zwischen der zweiten und dritten Haltestelle ab Bad Schandau liegt. Da die Bahn 1870 ursprünglich mal als Pferdebahn geplant worden war, konnte man während dem Fest auch andere historische Fortbewegungsmittel bestaunen. Die Pläne einer Ringbahn zur tschechischen Grenze wurden aus finanziellen Gründen aber nie umgesetzt. Immerhin zählt die Bahn heutzutage jährlich knapp 200.000 Fahrgäste, 1898 waren es bereits 80.000. Und das, wo sie eine reine Ausflugsbahn ist. Damit strotzte sie bis heute allen Stilllegungsplänen, ob nach dem großen Brand 1927, dem Zweiten Weltkrieg, dem Sturz in die Kirnitzsch 1969, dem Zusammenstoß 1972, der schweren Entgleisung 1985 oder dem Hochwasser 2010.
Regenerative Energien für die historische Straßenbahn – Photovoltaikanlage speist Oberleitung
Die Kirnitzschtalbahn wurde früher durch ein kleines Kraftwerk betrieben. Das lieferte so viel Energie, dass zwischen 1904 und 1921 sogar der Personenaufzug Bad Schandau damit versorgt werden konnte. Heute übernimmt einen Teil der Streckenversorgung (ca. 1/5) eine Photovoltaikanlage. So ist der Betrieb über das ganze Jahr garantiert. Es gibt Pläne, die Bahn doch noch zu verlängern: „Die Kirnitzschtalbahn soll als ein historisch bedeutsames Verkehrsmittel zur Erschließung von Teilen der Sächsischen Schweiz erhalten und über die gegenwärtigen Endpunkte hinaus zur Elbe (Fähre, S-Bahn, Sächsische Dampfschiffahrt) beziehungsweise zur Neumannmühle verlängert werden.“ Dabei soll die Besonderheit des Zweirichtungsbetriebs mit einseitigen Türen (alle Haltestellen liegen auf der gleiche Seite) aufrecht erhalten werden.
Parken mit Wohnmobil ein Problem – Gebühren in Fahrpreis mit einrechnen
Wer mit der Kirnitzschtalbahn fahren möchte, muss mit ca. acht Euro für das Tagesticket pro Person rechnen. Dazu kommen noch Parkgebühren in Bad Schandau oder auf der Strecke an den Wanderparkplätzen. Mit dem Reisemobil hatten wir einige Probleme, überhaupt einen Parkplatz zu finden. Auf einem Wanderparkplatz hatten wir dann Glück. Dort parkten wir den ganzen Tag für drei Euro, was ein vertretbarer Tarif ist. Zudem lösten wir das Tagesticket für neun Euro, weil dies auch die Buslinien der Umgebung beinhaltete. Damit konnten wir dann nach Hinterhermsdorf für die Kahnfahrt gelangen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Viel Spaß bei Ihrem Ausflug mit der Kirnitzschtalbahn!
VG Wort
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Franz (Montag, 05 September 2022 17:38)
2015 vielleicht noch möglich - mit dem WoMo auf einem Wanderparkplatz. Heute würde ich das nicht mehr empfehlen. Es sei denn man hat zuviel Geld. Das gibt satte Knöllchen. WoMos nur auf ausgewiesenen Stellplätzen oder Campingplätzen. Wanderparkplätze sind NUR für PKW reserviert.