Wie ich nach Bad Orb gekommen bin, habe ich bereits in einem anderen Artikel berichtet. Aber zu meiner Überraschung fand ich dort eine ganz besondere Ruheoase, die nicht jeder Kurort bietet.
Was ist eigentlich ein Gradierwerk? Und warum ist es keine Saline?
Als ich mit meinen Eltern so durch den Kurpark schlenderte, standen wir sehr schnell vor einem großen Bauwerk aus Holz: das Gradierwerk. Ein Gradierwerk dient zur Salzgewinnung, indem Sole durch Reisigbündel geleitet wird, das Wasser dabei verdunstet, Verunreinigungen sich absetzen und der Salzgehalt sich qualitativ und quantitativ erhöht. Es sollte aber niemals mit einer Saline verwechselt werden, auch wenn beide Institutionen früher gerne zusammen errichtet wurden. Seit dem 16. Jhdt. kennt man in Deutschland das Verfahren, heute wird es oft in Kurorten angewendet. Die herabrieselnde Sole reichert die Luft mit Soletröpfchen und Salzaerosol an, das Wasser bindet Partikel. Pollenallergiker und Asthmatiker können hier frei durchatmen, ganz so, als säßen sie am Meer. Die Atemwege werden befeuchtet und gereinigt, Bakterien werden minimiert und die Schleimhäute schwellen ab. Der Besuch eines Gradierwerks schadet also nicht.
Ein Technikdenkmal zum Erholen
Und in Bad Orb befindet sich eben das größte noch bestehende Gradierwerk in Hessen. Es ist 155 m lang, 12 m breit und 18 m hoch. Hübsche Blumenrabatten zieren den Spazierweg um das Holzgerüst. Einige Bänke laden zum Verweilen ein. Man kann das Gradierwerk aber auch besteigen und so ganz nah an der heilbringenden Salzluft schnuppern. Das 1806 errichtete Bauwerk ist leider nur noch das einzige von zehn Gradierwerken der Saline Orb. Dabei handelt es sich um eine seltene Variante, denn es ist selbststehend, mit zwei Rieselwänden und breit überdacht. Durch die inneren Verstrebungen ist es standsicher genug, um Wind und Wetter zu trotzen. Es benötigt daher keine Schrägstützen nach außen.
Nur das Engagement der Bürger garantiert den Erhalt
Nach einer grundlegenden Sanierung ist das Technikdenkmal seit 2010 wieder nutzbar. Um seine Erhaltung kümmert sich der Verein „Freunde des Bad Orber Gradierwerks e.V.“. Die Finanzierung gelingt über Spenden, Feste und Veranstaltungen sowie den Verkauf von selbstgesiedetem Salz.
Vom TV ausgezeichnet und in den Sommermonaten rund um die Uhr geöffnet
Im hessischen Fernsehen wurde das Gradierwerk in Bad Orb zur zweitbeliebtesten Sehenswürdigkeit Hessens gewählt. Seitdem verzeichnet es immer mehr Besucher von nah und fern. Wenn Sie mal vorbeischauen wollen, können Sie dies vom Sonntag nach Frühlingsanfang bis Anfang November jederzeit tun. Und wenn Sie schon mal da sind, laufen Sie auch gleich ein paar Mal durch die Kneippanlage in der Nähe. Ihr Kreislauf wird es Ihnen danken. Viel Spaß dabei und gute Erholung!
VG Wort
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